Potosi

Veröffentlicht am 6. Juni 2023 um 06:24

Trampen in Bolivien stellt sich als schwieriger haraus als erwartet. Ich bin auf die öffentlichen Verkehrsmittel umgestiegen. Vielleicht probier ich es im Norden noch einmal.

Potosi liegt auf über 4.000 m ü.n.N. und ist somit die größte Stadt der Erde mit über 100.000 Einwohnern auf dieser Höhe. Potosi hat eine glorreiche und zugleich nachdenkliche Vergangenheit. Denn sie ist reich an Mineralien und vor allem reich an Silber. Bzw. war reich an Silber, bis die Spanier die Minen und Minenarbeiter ausgebeutet haben. Vor rund 500 Jahren war Potosi eine der größten und reichsten Städte der Erde und aufgrund ihrer Naturalien von zentraler Bedeutung. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie enorm an Bedeutung verloren, da unter anderem der Silberpreis aufgrund des gestiegenen Angebots stark zurückgegangen ist.

Eigentlich wollte ich direkt am Sonntag meine Minentour starten, allerdings ist das Sonntags nicht möglich. Denn in der Stadt herrscht Fahrverbot wegen der enormen Feinstaubbelastung. Besser isses. Stattdessen gibt's große Märkte und Paraden durch die Stadt. Tag für Tag wird ein anderer Heiliger oder eine andere Berufsgruppe geehrt. Schön traditionell mit Uniform und einem Fanfahrenzug quer durch die Stadt. Ich musste in meinen ersten fünf Tagen Bolivien feststellen, dass es hier deutlich schwieriger ist, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. Es scheint so als würden sie Gringos nicht sonderlich mögen. Aber ich bleib dran. Einige nette Leute habe ich schon kennengelernt. Unter anderem der Reiseveranstalter von Koala-Tours. Er hat mich und sechs andere Gringos durch die Silberminen des Cerro Rico geführt. Definitiv ein riesen Abenteuer, das einen einiges an Überwindung kostet, wenn man die dunklen engen Schächte hinab schlittert. Staubig, nass und eng war's. Mit Dynamit haben wir einen Teil gesprengt. Der laute Knall war aus rund 70 m Entfernung nicht zu überhören.

Zudem konnten wir einigen Mineros beim Arbeiten zusehen. Sie schieben die schweren Wägen auf Schienen entang hinein in die Minen, füllen sie, schieben sie wieder hinaus. Und das bei Dunkelheit, Kälte, Nässe und auf einer Höhe von über 4.200 m. Beim nächsten Kauf eines Elektronik-Artikels geht der ein oder andere Gedanke bestimmt zurück an die Minen. Die Mineros sind meist junge Männer zwischen 20 und 40. Ältere Männer haben in der Regel nicht mehr die Power für diesen Job. Ausnahmen gibt's: Ein Mann hat 49 Jahre dort gearbeitet. Heute arbeiten noch rund 9.000 Mineros verteilt auf 220 Minen im Berg Cerro Rico. Sterben tun jährlich einige. Verlässliche Zahlen kann oder möchte unser Guide hierzu nicht nennen. Er selbst hat 18 Jahre unter Tage gearbeitet und einige Compañeros verloren. Hauptsächlich durch Unfälle beim Sprengen oder durch plötzliches Organversagen. Wichtig sei es, einen guten Anführer zu haben, sagt er.

Die gruselige Gestalt, die auf den Bildern zu sehen ist, heißt Jorgé und steht sinnbildlich für Patchamama (Mutter Natur). Wir Touristen füttern Jorgé mit all dem, was die Mineros benötigen: Coca-Blätter, Zigaretten und 96 %-iger Alkohol. Die Mineros kommen oft an diesen Ort, um innezuhalten oder sich auszuruhen. Nach rund 2 Stunden in den Minen waren alle in der Gruppe froh, wieder Tageslicht sehen zu dürfen.

Weiter geht's nach Sucre, der ehemaligen Hauptstadt Boliviens.


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