Die Busfahrt von Itacaré nach Porto Seguro (Arraial d'Ajuda befindet sich direkt daneben) dauert gute acht Stunden und kostet ca. 25 €. Die Busse in Brasilien sind sehr gut klimatisiert und komfortabel. Viel besser als in Deutschland. Eigentlich auch zum Schlafen geeignet. Ich kann das allerdings nicht. Weder im Bus, noch im Zug und schon überhaupt nicht im Flugzeug. Zudem sind die Busse in der Regel überschaubar gefüllt. So auch dieser. Man bekommt einen festen Sitzplatz zugewiesen. Die Brasilieros halten sich zu meiner Verwunderung strikt daran. So hat sich zu meinem Entsetzen ein Brasiliero direkt neben mich gesetzt, obwohl der halbe Bus leer gewesen ist. Einmal mehr ein Erlebnis, wo ich kurzzeitig sprachlos geworden bin. Aber ich habe in meinen nun sechs Wochen Bahia gelernt, nicht alles zu hinterfragen. Hier sind die Dinge so, wie sie eben sind. Ich habe mir natürlich einen neuen Zweiersitz für mich alleine gesucht.
Als sich nach gut zwei Stunden Fahrt dann wieder ein junger Kerl neben mich gesetzt hat, hab ich gedacht: scheiß drauf, bleib sitzen. Zum Glück, wie sich im Laufe der Fahrt herausstellen sollte. Er ist 17 Jahre alt und hat noch nie mit einem deutschen Gringo gesprochen. Englisch spricht er nicht, nur portugiesisch. Zum Glück gibt's die Google Übersetzungsapp mit Offline-Funktion (Internet gibt's in Brasilien nämlich nur in Städten). Er hat mir von seinem Leben erzählt und dass er gerade auf dem Weg zur Arbeit ist. Neben zwei full-time Jobs absolviert er noch seinen Schulabschluss, baut sein Haus um und spielt fünf Instrumente. Zudem lernt er gerade noch zwei Weitere. Auf meine Frage, warum er das alles tut, hat er geantwortet, dass er etwas erreichen möchte, sich einen Wohlstand aufbauen wolle, den er hier nur mit harter Arbeit erreichen könne. Wenn ich daran denke, mit wie wenig Aufwand ich die Meilensteine meines noch jungen Lebens absolviert habe...
Nach diesem hochinteressanten Gespräch bin ich schließlich in Porto Seguro angekommen. Porto Seguro gilt als Geburtsstätte von Brasilien. Denn dort sind im Jahre 1500 die ersten Portugiesen gelandet. Von Porto Seguro selbst habe ich so gut wie nichts gesehen. Laut einigen Brasilieros gibt's da auch nicht wirklich sehenswertes (außer den hübschen Brasilieras; auch die gibt's hier wie Sand am Meer). Ich bin direkt nach meiner Ankunft mit der Fähre (die Brasilieros haben's nicht so mit Brücken) rüber nach Arraial d'Ajuda. Arraial gilt als einer der schönsten Orte Bahia's. Kann ich nur bestätigen.
Die Innenstadt ähnelt Itacaré. Gefühlt bin ich hier der einzige Europäer. Die Party's habe ich alle verpasst. Denn ich habe mich hier mehr in den Felsenstrand verliebt. Dort habe ich dann auch mein Camp aufgeschlagen und drei Nächte verbracht. Schaut euch die Bilder an, dazu muss ich nichts groß sagen. Ein herrlicher Ort zum Entspannen, Sonnenaufgang und Vollmond genießen. Morgens geht's dann die selbstgebaute Treppe (siehe Bild) hinunter zum Strand. Dort habe ich neben Beach-Fußball eine Sportart entdeckt: Beach Tennis (siehe Bild). Abends geht's wieder hinauf zum Camp.
Zudem bin ich dort zum ersten Mal in meinem Leben Gleitschirm geflogen. Mit Alex, einem erfahrenen Brasiliero, der im Sommer in Italien lebt und arbeitet und im europäischen Winter die Flucht ins Warme (in seine Heimat) sucht. Die Lebensqualität ist jedenfalls um einiges höher, wenn man nicht friert und Sonne abbekommt. Das steht für mich außer Frage. Alex hat mich dann nach dem Flug mit zu seinem Freund Carlito genommen, der ein Restaurant nahe meines Camps hat. Ich muss dazu erwähnen, dass es im Umkreis von 3 km nur Wald, Strand und Meer gibt. Für mich ist es allerdings weniger ein Restaurant, sondern mehr eine Baustelle, in der nichts vorangeht. Bahia eben. Für mich aber ideal: Morgens Frühstück, Abends Abendessen. Zudem konnte ich dort mein Handy laden.
Mein Portugiesisch wird von Tag zu Tag besser. Das liegt nicht etwa daran, dass ich fleißig Vokabeln und Sätze lerne (nene, dazu bin ich viel zu faul), sondern vielmehr daran, dass ich mich nur mit portugiesisch sprechenden Leuten umgebe, die absolut kein Englisch können. Ich habe inzwischen auch kapiert, wie man in Brasilien Smalltalk führt: Einfach den Daumen hoch, kombiniert mit einem Grinsen im Gesicht und dem Wortlaut 'tudo bem' ('alles klar'). Ich interpretiere das wie folgt: 'Ich hab absolut kein Bock mit zu quatschen, frage dich aber höflichkeitshalber wie's dir geht, während mich deine Antwort in keinster Weise auch nur annähernd interessiert, du Pisser'. Ich find's genial. Habe ich mir direkt angeeignet.
An diesem Ort hätte ich es sicher noch länger ausgehalten. Aber Carneval steht vor der Tür und ich möchte unbedingt noch nach Trancoso und Caraiva, bevor ich die Reise nach Rio antrete. Also geht's weiter nach Trancoso, das gut 12 km von Arraial d'Ajuda entfernt liegt. Hochmotiviert mache ich mich auf den Fußmarsch bei 35 °C im Schatten und 25 kg Gepäck auf den Schultern (siehe Bild). Ich möchte nachempfinden, wie sich unsere vorherige Generation beim Bund gefühlt haben muss. Leider hat mich dann nach knapp 500 m ein Brasiliero eingesammelt und nach Trancoso transportiert (siehe Bild).
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